Ausgabe 1

In dieser Ausgabe: Musik von Kanahi Yamashita, Gyan Riley & Arooj Aftab, Noten von Leon Albert, das Album der Ausgabe Thomas Viloteau & Know How mit Margaréta Lakner,

Hey!

Willkommen zur ersten Ausgabe des New Classical Guitar Newsletters. Wir sind Willi und Stefan. Wir haben beide klassische Gitarre studiert. Wir lieben das Instrument. Wir spielen selbst mit unserem Duo TMBM Konzerte, nehmen eigene Kompositionen auf, geben Workshops und versuchen diesem wunderbaren Instrument mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Nicht zuletzt beschäftigen wir uns immer wieder mit der Arbeit anderer Musiker*innen und begeistern uns für tolle Musik, Spieltechniken und alle Aspekte rund um die klassische Gitarre. Und: Wir lieben den Austausch über das Instrument.

Und so ist die Idee für diesen Newsletter entstanden. In verschiedenen Rubriken möchten wir von nun an alle zwei Wochen Themen und Musik mit euch teilen, die uns inspirieren und so hoffentlich Spannendes, Unterhaltsames und Neues hinzufügen zur liebsten Leidenschaft von uns allen: Der klassischen Gitarre. 

Wir würden uns sehr freuen, wenn du Lust hast, hier mitzulesen. Aber nicht nur das: Wir freuen uns auf dein Feedback, auf Input und Fragen. Melde dich jederzeit bei uns, am einfachsten als Antwort auf diesen Newsletter. Schon jetzt vielen Dank! Wir senden dir diesen ersten Newsletter - sowie alle weiteren -kostenlos zu und würden uns freuen, wenn du Lust hast auch die weiteren Ausgaben zu lesen. Natürlich kannst du den Newsletter jederzeit abbestellen. Scrolle dafür ganz nach unten zum Footer. Dort findest du den entsprechenden Link.

Aber nun soll es losgehen: 

Diese erste Ausgabe des Newsletters steht nahezu komplett im Zeichen der Tremolo-Technik: Unser Youtube Fund der Woche, Kanahi Yamashita, mit einem Juwel der romantischen Musik. Leon Albert ist unser erster vorgestellter Komponist und hat für diese Ausgabe eine Tremolo-Etüde komponiert, die du als Newsletter-Abonnent kostenlos herunterladen, ausprobieren, üben oder aufführen kannst. Nicht schlecht, oder? Viel Kreativität und Facettenreichtum liefert uns das Album der Woche von Thomas Viloteau. Danach geht's im Kurzinterview "Know-ow” um Tipps hinsichtlich der Übemöglichkeiten der Tremolo-Technik. Und zu guter Letzt haben wir in “Gitarre und…” eine Empfehlung, bei der wir sicher sind, dass diese musikalische Kombination einmalig ist und dich im positiven Sinne wegfegen wird. 

YOUTUBE-FUND DER AUSGABE
Kanahi Yamashita – Reverie Nocturne (Giulio Regondi)

Vorab: Der Tremolo-Mittelpart von Regondis “Reverie Nocturne” zählt sicher zu den schönsten Tremolo-Parts des Gitarren-Repertoires überhaupt.

Das ist aber nicht der Grund, warum es uns so geht wie bei einem guten Film, den man sich immer wieder anschauen kann. Wie bei einem Buch, an dessen Ende man traurig ist, dass es schon vorbei ist, und bei dem man beim mehrfachen Lesen immer wieder neue Details entdeckt. Der Grund, sich dieses Video immer wieder ansehen zu wollen, liegt wahrscheinlich einfach in Kanahis Musikalität, der man sich kaum entziehen kann, in der unglaublich weichen Klangqualität, die einen einfängt und das Stück im besten Sinne zu dem macht, was es ist: Eine Nocturne. Ein Nachtstück. 

Dank der Leichtigkeit, mit der hier gespielt wird, hat man kaum auf dem Schirm, welchen technischen Anspruch die Komposition hat. Ein weiterer Grund, warum ihr das Video unbedingt anschauen solltet, ist die Videoästhetik, die alle vorher genannten Aspekte nicht nur unterstützt, sondern noch erweitert. Unbedingt ansehen!

(Quizfrage: In welcher Stadt ist das Video wohl aufgenommen worden?)

Mehr zu Kanahi Yamashita findest du hier: https://kanahi.de/

Mehr zu Hendrik Schacht und Nicolas Haumann (Videographer) findest du hier: http://openstringsberlin.com/

NOTEN
Leon Albert – Spirale

In jeder Newsletter-Ausgabe möchten wir euch ein exklusives Stück Musik in Notenform ans Herz legen. Das Wort “Spirale” vermittelt etwas sich ständig Wiederholendes, als “Aufwärts-” oder “Abwärts-” Spirale mit Positivem oder Negativem einhergehend. Welch ein Kunstkniff, den Titel in Bezug auf ein Tremolo-Stück zu nutzen. Leon Albert hat hier eine Etüde speziell für die Tremolo-Technik geschrieben, welche im Sinne der Spirale erbarmungslos rotiert. Einmal in den Fingern, wird diese Spirale sich sicher eine Weile in eurem Übe-Repertoire drehen.

Leon Albert ist ein äußerst vielseitiger Gitarrist. Sowohl Jazz, Indie und Fusion als auch Klassik und neue Musik gehören zu seinen Spielfeldern. Mit “Bizarre Akustische Erscheinungen” und “24 Präludien für den erweiterten Bekanntenkreis” hat er bereits eine Reihe an spannenden, oft mit einem Augenzwinkern verbundenen Kompositionen für Solo-Gitarre herausgebracht.

Hier geht’s zu Leons jüngster Veröffentlichung: “24 Präludien für den erweiterten Bekanntenkreis”.

Weitere Infos zu Leon Albert: leonalbert.de

ALBUM DER AUSGABE
Thomas Viloteau – Les Lumières Électriques

Wir möchten in jeder Newsletter-Ausgabe ein Album vorstellen, das uns begeistert. Es ist uns eine große Freude, mit diesem frisch erschienenen Album zu starten: dem ersten Soloalbum mit eigenen Kompositionen von Ausnahmegitarrist Thomas Viloteau. Und hoffentlich nicht das Letzte!! Wir wurden direkt vom Facettenreichtum und der Vielschichtigkeit der Stücke und deren farbenfroher musikalischer Ausgestaltung in den Bann gezogen. Die offensichtliche Kreativität von Thomas sprudelt gefühlt vom ersten bis zum letzten Ton. Man entdeckt irgendwie immer wieder alte Bekannte wie Bach, Debussy, Tedesco, Lobos und freut sich über charmante Abbiegungen zu groovig geshuffelten Parts, Kontrapunkt mit reichlich Chromatik, Slides, hauchig angestrichene Akkorde – die Liste ließe sich noch eine Weile weiterführen. Das Beste daran ist: Trotz der vielen musikalischen Elemente wirkt die Platte keine Sekunde überladen. Anlage an, zurücklehnen und genießen! 

Um die Überraschungskiste perfekt zu machen, gibt es zum Ende mit “The Songs I Had” und “Had I a Song” auch noch zwei Lieder. Oder ein zweiteiliges Lied. Jedenfalls ebenfalls schön! Und zu guter Letzt: Thomas Viloteau hat die Aufnahmen selbst gemacht, was wir ja durchaus schätzen. Klingt super fein!!

KNOW-HOW 
5 Fragen an Margaréta Lakner über Tremolo

Welches Tremolo Stück feierst du am meisten?

“Canción de la Hilandera” und “El Ultimo Tremolo” von Augustín Barrios sind meine beiden liebsten Tremolo-Stücke, da ich echt schöne Erinnerungen und Erlebnisse damit verbinde. 

Welches empfiehlst du für den Anfang?

Für den Anfang würde ich Tremolo-Etüden empfehlen. Die sind nicht zu lang und weniger anstrengend für die linke Hand. So kann man sich besser auf das Tremolo konzentrieren und vermeidet eine Überforderung gleich zu Beginn. 

Was ist deine “Go to”-Übung, um ein gleichmäßiges Tremolo zu erreichen?

Es gibt für mich nicht “die eine Übung”. Ich habe mir eher aus verschiedenen Übungen folgende Technik-Routine zusammengestellt:

1. Ich spiele mit a-m-i verschiedene Skalen repetitiv in 4er-Gruppen, sodass die Betonung der ersten Zählzeit immer auf einen anderen Finger fällt. 

2. Ich wähle eine Leersaite – am liebsten 4.–1. – und bereite jeden Finger auf der Saite vor,  kurz bevor dieser die Saite anschlägt.

In dem Moment, wo der Finger die Saite gespielt hat, wird der nächste auf die Saite gesetzt, sodass man den Anschlag nie aus der Luft anfängt, sondern von der Saite aus. Hier kann man verschiedene Fingersätze für sich auswählen.
Diese Übung mache ich ganz oft sehr laut, aber relativ langsam und mit Metronom.

3. Diese Übung ähnelt der 2. – ich nehme wieder eine leere Saite und spiele 5er-Gruppen so, dass nur der erste Finger der Gruppe auf der anzuspielenden Saite vorbereitet wird. Durch die ungerade Zahl Fünf beginnt die Gruppe jedes Mal mit einem anderen Finger. Hier übe ich gerne leise und schnell und achte darauf, dass sich die Anschlagshand inklusive der Finger entspannt, bevor eine neue 5er-Gruppe anfängt. 

Wenn das gut läuft, ergänze ich die 5er-Gruppe um eine 4er-Gruppe, um die Strecke zu verlängern. Und selbstverständlich kann/soll man die Fingersätze bei dieser Übung auch unterschiedlich wählen. Man kann die Übung auch über Skalen oder kleine melodische Motive üben. Bei jeder der Übungen ist es essentiell wichtig, dass man aufmerksam zuhört und auf ein gleichmäßiges, ausgeglichenes Spiel achtet. Unbedingt immer wieder ein Metronom zur Kontrolle heranziehen.

Wie erhöhe ich das Tempo meines Tremolos?

Es gibt verschiedene Wege – je mehr man differenziell übt, desto größer ist die Chance, ein sehr schönes Tremolo zu schaffen. Die verschiedenen Herangehensweisen, die ich so habe: in sogenannten Sprints eine sehr kurze Passage sehr schnell spielen, dazwischen zur Entspannung der Finger eine kurze Pause lassen. Dabei ganz leise anfangen und die Lautstärke graduell erhöhen.  Alternativ nimmt man eine etwas längere Passage, die mit Metronom langsam und extrem laut gespielt wird (z. B. eine Skala, wobei jeder Ton repetitiv mit einer bestimmten Fingerkombination gespielt wird). Das Tempo wird dabei Schritt für Schritt erhöht. 

Welche Finger-Kombinationen sind möglich und welche benutzt du? 

Mehrere Kombinationen sind möglich. Am häufigsten wird der Fingersatz verwendet, bei dem man vier Finger verwendet (p-a-m-i; p-i-m-a).  Es ist aber auch möglich, mit drei Fingern Tremolo zu spielen, wie z. B. mit p-m-i oder p-i-m. Ich persönlich verwende in Konzerten immer p-a-m-i , weil dieser Fingersatz für mich am natürlichsten und stabilsten funktioniert. Beim Üben verwende ich aber immer verschiedene Fingersätze, auch um die Effizienz des “gewohnten” Fingersatzes zu steigern. Davon funktioniert bei mir z. B. p-m-i-a relativ gut.

Margaréta studiert derzeit an der HfM “Carl Maria von Weber” in Dresden klassische und akustische Gitarre J/R/P. Hier kannst du in Margarétas künstlerisches Schaffen reinhören:

GITARRE UND…
Gyan Riley mit der pakistanischstämmigen Sängerin Arooj Aftab bei NPR Tiny Desk

Die klassische Gitarre ist sicherlich ein ganz hervorragendes Solo-Instrument. Aber auch in Verbindungen mit anderen Instrumenten kann sie glänzen und es entstehen immer wieder besondere Kombinationen, denen wir eine eigene Newsletter-Kategorie - Gitarre und… - widmen wollen.

Wir starten mit: Gyan Riley + Arooj Aftab at NPR Tiny Desk 

Während die Kamera von einem Fenster in Richtung der Musiker*innen schwenkt, wird man mit einem minimalistischen Violinenizzicato-Pattern reingezogen. Dann setzt der Bass ein, auch minimal-like, und die Akustikgitarre von Gian Riley schwebt flirrig drüber. Spätestens wenn der Gesang von Arooj Aftab einsetzt und die Harfe eine weitere Dimension aufmacht, sind wir für die nächsten 20 Minuten komplett gefangen. Wahnsinn! Ein Tagtraum, tolle Minimal-Gitarre und Solo-Licks von Gyan Riley inklusive. 

Interessant: Gian Riley ist der Sohn des US-amerikanischen Komponisten Terry Riley, eines Pioniers und Innovators bezüglich Minimal Music / Pattern Music. Empfehlung: Gute Kopfhörer, Licht aus und einfach auf sich wirken lassen!

OUTRO

Wir hoffen, du hattest Freude beim Lesen dieser ersten Ausgabe des New Classical Guitar Newsletters. 

Die nächste Ausgabe kommt dann bereits in zwei Wochen. Unter anderem werden wir uns mit Flamenco beschäftigen und den in New York lebenden Komponisten Alexander Liebermann über das Komponieren befragen. 

Es grüßen,
Stefan & Willi