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Ausgabe 17
In dieser Ausgabe: Alec Holcomb im Youtube-Fund der Ausgabe, Noten von Gian Marco Ciampa, Album der Woche vom Duo Bergerac, Know-How mit Irina Kulikova und Britten auf Viola & Gitarre
Hey!
Willkommen zur Ausgabe 17/24 unseres Newsletters.
“Musik ist die Sprache, die uns alle verbindet”: Heute haben wir mit Irina Kulikova einmal mehr eine sehr faszinierende Interviewpartnerin!
Das Album der Woche ist das erste klangliche Puzzlestück einer Trilogie mit spannenden Prämissen.
Einen lustigen Zufall gab’s in der Noten-Kategorie. Da hatten wir die gleiche Idee wie Gian Marco Campa – und deshalb gibt es da heute ein Solo- und ein Duo- Arrangement eines Weihnachtstücks aus prominentem Hause.
Zum Abschluss eine kleine musikalische Zeitreise von der Moderne zurück in die Shakespeare-Zeit, mit Besuch bei John Dowland.
Ein Stück mit Zitat, und das Ganze wiederum arrangiert … Ist dann ein Zitat vom Zitat, oder? Aber – wir spoilern – ein sehr gutes!
Yeah! Es gibt einfach so viele musikalische Spielfelder und Ausdrucksmöglichkeiten!
Viel Spaß beim Lesen!
YOUTUBE-FUND DER AUSGABE
mit Alec Holcomb
“Sing Me into Singing”, ein wunderbares Stück von US-Komponist Daniel de Tongi. Ursprünglich geschrieben für seinen Freund John Vidovic, seines Zeichens ebenfalls Komponist, aber eben auch Gitarrist. Seine Inspiration bezieht Daniel de Tongi aus seinen japanischen und italienischen Wurzeln und er tritt als Performer unter anderem mit der japanischen Flöte, der Shakuhachi, auf.
“Sing me into singing”, in dieser klaren und lyrischen Interpretation von Alec Holcomb, setzt, finden wir, sowohl die Leichtigkeit als auch die Tiefe (Mittelteil) des Stücks genussvoll in Szene. Alec hat hier übrigens auch ein paar Edits gemacht, um das Stück besser auf der Gitarre fließen zu lassen. Wir schließen uns dem Kommentar der Omni Foundation unter dem Video an: “Dear YouTube algorithm: Give this more views!”
NOTEN
Gian Marco Ciampa – Julens Vuggesang (Edvard Grieg)
Um euch auch hier im Newsletter etwas in Weihnachtsstimmung zu bringen, sind wir für die heutige Notenausgabe mal auf die Suche nach einem Weihnachtslied gegangen.
Fündig wurden wir bei Edvard Grieg! “Julens Vuggesang” heißt das gute Stück – ein herrlich schönes, schlichtes Weihnachtswiegenlied für Klavier und Gesang. Das haben wir dann kurzerhand für euch als Duo-Version arrangiert.
Bei weiterer Recherche und der Idee, noch ein Solo-Arrangement mit in die Ausgabe zu packen, sind wir auf ein Reel von Gian Marco Ciampa gestoßen, in dem er – wie es der Zufall so will – ebendieses Stück so unglaublich schön und geschmackvoll als Solo-Version interpretiert. Wir freuen uns sehr, dass sich Gian Marco bereiterklärt hat, sein Arrangement für den Newsletter bereitzustellen.
Checkt Gian Marco unbedingt mal aus!
Der italienische Gitarrist hat mit seinen jungen Jahren schon so ziemlich alles erreicht, was es in der Wettbewerbsszene so zu erreichen gibt, ist bereits auf der ganzen Welt getourt und tritt regelmäßig als Dozent in Erscheinung. Mit seinem gefühlvollen Gitarrenspiel zieht er uns sofort in seinen Bann!
Viel Spaß beim Einstimmen auf Weihnachten :)
ALBUM DER AUSGABE
Duo Bergerac
© PicturePeople
Quiet, Gentle, Warm ist eine Album-Trilogie des fantastischen Duos Bergerac von der ersteres bereits erschienen ist und das zweite Anfang 2025 zu erwarten ist! Eigentlich beschreibt der Titel der Trilogie schon für sich selbst, wie das Spiel des Duos in den Ohren schimmert: In sich ruhend, sanft sich ausbreitend und im sehr, sehr angenehm warmen Klangbild. Glaubt uns: Wir haben Quiet nicht nur einmal angehört! Unsere Notiz nach dem ersten Mal Hören: “Was für ein klanglich wunderschönes Instrument, diese Gitarre!”
Die Eröffnung mit den drei Miniaturen von Giya Kancheli zieht ganz hervorragend rein in einen Film, der einen so schnell nicht wieder loslässt und den man sich auch immer wieder anschauen kann. Die erste Miniatur, “King Lear”, haben wir auch gleich mal in die Spotify-Playlist zum Newsletter gepackt.
Unser Highlight der Platte ist das Stück “Carinhoso”! Super verspielt und leicht und trotzdem leise. Ach und wir sind mehr als froh, jetzt eine klanglich und phrasierungsmäßig so schön runde Aufnahme der Romance, Op. 100 No 1 von Francis Kleynjans zu haben, die sich hervorragend für den Repeat-Button eignet! Ein wahres Kleinod für Gitarren-Duos, dieses Stück.
Wir jedenfalls sind Fans des Albums. Jetzt aber genug der Worte – wir lehnen uns zurück und hören es noch mal an!
KNOW-HOW
mit Irina Kulikova
Die Gitarristin Irina Kulikova ist bestimmt den meisten hier hinreichend bekannt, nicht zuletzt wegen ihres unfassbar schönen Tons, mit der sie die Herzen von Gitarren-Fans und Musikliebhaber*innen höher schlagen lässt!
Sie hat im Amsterdamer Concertgebouw, der Tchaikovsky Hall in Moskau, dem Palau de la Musica in Valencia, der Musashino Hall in Tokyo und dem Oriental Arts Center in Shanghai konzertiert, um nur einige zu nennen. Uns hat zudem immer begeistert, mit welcher Leichtigkeit sie selbst schnellste Passagen scheinbar anstrengungslos und klanglich souverän aufs Parkett zaubert. Deshalb haben wir ihr ein paar Geheimnisse ihrer Arbeit zu entlocken versucht und freuen uns sehr, dass sie sich die Zeit genommen hat, uns unsere Fragen zu beantworten.
Irina, was war das schwierigste Stück, das du dir je vorgenommen hast, und warum?
Da gibt es mehrere, würde ich sagen, wie zum Beispiel die “Fantasia”, Op. 30 von F. Sor oder “Rondo”, Nr. 3 von D. Aguado, denn sie sind sehr filigran. Ihr hättet vielleicht eine Antwort wie das Concierto de Aranjuez erwartet, wegen der schnellen Passagen: Aber wenn man die Technik kennt, bequeme Fingersätze hat und die Passagen richtig lernt, wird es super einfach und entspannt, schnelle Stücke zu spielen. Dasselbe gilt für sehr rhythmische Musik.
Wie gehst du das Thema Technik an? Ist es noch Teil deiner Routine?
Ich übe keine Technik: keine Etüden, keine Übungen, keine Tonleitern (wenn ich Anfänger*innen unterrichte, tun sie das natürlich). Meine Übungsroutine besteht darin, neue Stücke zu lernen und mein Repertoire in Form zu halten. Und in den Stücken finde ich immer Herausforderungen. Also nehme ich sie auseinander und investiere etwas mehr Zeit in das jeweilige kurze Fragment: Ich wiederhole es mehrmals, bis es gut genug sitzt, und dann mache ich weiter.
Wie würdest du die verschiedenen Phasen bei der Erarbeitung eines neuen Stücks beschreiben? Vielleicht kannst du ein Beispiel mit einem Stück geben, das du gerade lernst?
Wenn ich ein neues Stück angehe, gibt es für mich einen wichtigen ersten Schritt: die Fingersätze aufschreiben. Der zweite Schritt ist, dass ich ein Stück in verschiedene Fragmente unterteile: Ich lerne die schwierigsten Teile zuerst, da sie viel mehr Zeit brauchen, und dann die leichteren Teile. Natürlich braucht es etwas Zeit und Geduld, um das Stück auswendig zu lernen und in den Fluss zu kommen. Manche Stücke sind schnell gelernt, für andere brauche ich ein ganzes Jahr.
Zurzeit arbeite ich an Stücken, die mir von mehreren Komponist*innen aus den USA, England, Deutschland usw. gewidmet wurden. Ich liebe mein neues Projekt. Und ich freue mich, ein schönes neues Repertoire für zukünftige Gitarrist*innen zu haben.
Welchen Tipp würdest du deinem jüngeren Selbst geben, das gerade anfängt, Gitarre zu lernen?
Vertraue deinem Bauchgefühl und lass dir nicht reinreden.
Wenn du einen Satz auf ein Plakat drucken lassen könntest, das in riesiger Auflage bei allen (klassischen) Musik-Festivals der Welt hängen würde. Welcher wäre das?
“Musik ist die Sprache, die uns alle verbindet und die über Zeit, Ort und Worte hinausgeht.”
Mehr über Irina Kulikova:
Website: www.irinakulikova.com
Online-Shop: www.touch.productions
Instagram: irinakulikova_guitar
GITARRE UND…Viola
Benjamin Britten hatte eine besondere Affinität zur Bratsche. Sein “Lachrymae” von 1950 basiert auf John Dowlands Lied “If my complaints could passions move”. Das Thema taucht übrigens erst in der letzten Variation auf – ein Stück wie eine Reise von der Moderne zurück zur elisabethanischen Musik.
Der Beginn der Dowland-Melodie wird schon zu Anfang von der Bratsche kurz zitiert, wird aber gleich von einem dissonanten Akkord umhüllt.
Ursprünglich mit Klavierbegleitung, hat Jacob Kellermann das Stück für Gitarre und Bratsche arrangiert. Tolles Arrangement!
Unbedingt anschauen, was Jacob Kellermann und der Violist Göran Fröst in schönster Weise tun: Musik zelebrieren! Und… bis zum Ende fürs Downland-Lied dranbleiben!
Britten selbst hat das Stück auch für Streichorchester arrangiert. Uns hat die Version von Douglas Boyd und dem Chamber Orchestra of Europe sehr gut gefallen!
OUTRO
Wir hoffen, wir konnten euch für die Künstler*innen der heutigen Ausgabe begeistern. Uns war's wieder ein großer Genuss, so viele unterschiedliche Alben, Komponisten, Videos und tolle Menschen zu entdecken, und wir haben wieder viel aufsaugen können!
Warme Grüße aus dem schon recht frostigen Berlin,
Stefan & Willi
New Classical Guitar ist ein Newsletter von Willi Leinen und Stefan Degel von TMBM. Unsere Musik und weitere Infos zu unserem Werdegang findet ihr unter t-m-b-m.com
Auf Spotify kuratieren wir eine Playlist mit unseren Lieblingsstücken. Ihr könnt unserer New Classical Guitar Playlist unter https://open.spotify.com/playlist/3ZwxJRAsW9Zs2JiS2eLy6a?si=9b2a737f01c043a4 folgen und uns gern neue Empfehlungen schicken.