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Ausgabe 25
In dieser Ausgabe: Zoe Barnett im Youtube-Fund der Woche, Album der Woche von Anne Haasch, Noten für die Morgenroutine mit Leon Albert, Know-How mit Andrea de Vitis und die Feel-good-Melodie der Woche mit Sinkane
Hey!
Tänzerisch gefilmt und im Stehen gespielt. Zoe Barbett bringt frischen Wind im Video der Woche.
Anne Haasch lehrt uns: Wenn man mit Zeitzeug*innen eines so bekannten Komponisten wie Tedesco sprechen kann, dessenderen Album man gerade aufnimmt, sollte man das tun! Tedesco spielt auch eine Rolle im Interview mit dem fantastischen Andrea de Vitis. Darüber hinaus gibt es richtig viele Insights zur Lehre und Faszination des Weitergebens und Weiterlebens von musikalischem Know-how. Man kann sagen, Andrea de Vitis, seines Zeichens junger Professor am Mozarteum in Salzburg, hat diese Ausgabe zu einer besonders inspirierenden werden lassen.
Inspiriert war auch Leon Albert – er hat wieder eine Etüde für euch parat und die Regelmäßigkeit, mit der er hier abliefert, ist gleichzeitig angenehm erwartbar, aber auch absolut überraschend. Großer Shout-out.
Und übrigens, Leute: Mit unserem Feel-good-Song der Woche lässt sich der Tag ganz wunderbar starten! „Favorite Song“ wurde von uns gleich im ersten Wahlgang ohne Gegenstimmen für diese Ausgabe gewählt.
Bevor wir aber in die heutige Ausgabe einsteigen, möchten wir noch darauf hinweisen, dass wir auch ab Oktober 2025 und für 2026 wieder Workshops für Komposition und Kreativität auf der Gitarre anbieten. Unser Workshop richtet sich an Studierende der klassischen Gitarre an Hochschulen und Musikschulen.
Jetzt aber viel Freude beim Üben, Konzertieren, Unterrichten und Zuhören und nicht zuletzt:
Viel Freude beim Lesen.
Stefan und Willi
YOUTUBE-FUND DER WOCHE
mit Zoe Barnett
Tänzerisch bewegt sich die Kamera um Zoe Barnett herum und der Raum scheint sich zu biegen. Abgesehen davon ist es schon cool, wie sie Canción y Danca von Antonio Ruiz Pipo stehend und mit Gurt performt. Ist übrigens eine Möglichkeit, auf die wir auch gerne mal beim Üben zurückgreifen. Denn es ist schon irgendwie befreiend, beim Spielen durch den Raum zu laufen. Unabhängig davon lieben wir diese Komposition. Hat etwas Nostalgisches. Hat etwas Verträumtes und der Tanz löst das alles in energetisch verspielter Weise auf. Unbedingt anschauen!
ALBUM DER WOCHE
mit Anne Haasch & Natalie Pérez

Ein Album, das ausschließlich einem Komponisten gewidmet ist: Gibt‘s hier und da. Auch mit Mario Castelnuovo-Tedesco. Er hat schließlich genug für unser Instrument geschrieben … Aber diese LP gehört in die vorderste Reihe, wenn man sie so in den Vergleich stellen möchte. Um was genau geht es eigentlich?
“Neben seinem Erstwerk für Sologitarre und der Vertonung des berühmten Caprichos El sueño de la razón produce monstruos von Francisco de Goya beinhaltet dieses Album eines seiner letzten großen Werke: Den Liederzyklus The Divan of Moses Ibn-Ezra. Zwei entscheidende Lebensphasen werden hier hörbar: die erste Begegnung Castelnuovo-Tedescos mit dem Gitarristen Andrés Segovia 1932 in Venedig als Initialmoment auf der einen Seite; das reife Spätwerk der Exiljahre und die Auseinandersetzung mit dem Verlust der Heimat auf der anderen Seite.“
Anne Haasch ist bei diesem Albumprojekt in die Welt von Tedesco eingetaucht. Sie hat sich sowohl mit Walter Arlen (Komponist), einem Wegbegleiter und engen Freund, als auch seiner Enkeltochter Diana Castelnuovo-Tedesco persönlich austauschen können, und so bringt sie uns viele Hintergrunddetails zu den einzelnen Stücken, dem Leben und dem Umfeld Tedescos.
Kauft also die CD, damit ihr auch das Booklet lesen könnt ;)
Wären wir Kritiker, gäbe es von uns sechs von fünf Sternen.
MORGEN-ROUTINE
Auf einen Kaffee mit Leon Albert

Hi Leon, was ist die Routine für diese Woche?
Leersaiten ausnutzen, sowie den Fakt, dass auf Gitarre auch wirklich jede noch so schlimme Dissonanz gut klingt und einen das Instrument durch seine Besonderheiten immer wieder auf unerhörte Akkorde bringen kann. Das ist so schön. Obwohl alle Töne falsch sind. Daraus folgt als Routine: Mut zur Dissonanz, Mut zu "falschen" Tönen. Die gibt es eh schon lange nicht mehr. Alle längst verkauft.
KNOW-HOW
mit Andrea de Vitis

©Damiano Rosa
Als Professor an der Universität Mozarteum Salzburg prägt Andrea de Vitis nicht nur die nächste Generation von Gitarrist*innen, sondern bereichert auch die internationale Szene mit seinem künstlerischen Feinsinn. Besonders begeistert sind wir von seinen Aufnahmen der Werke von Mario Castelnuovo-Tedesco. Große Musikalität und interpretatorische Tiefe. Wir finden, dass sich sein künstlerischer Reichtum auch in diesem Interview zeigt, in dem es darum geht, wie man die Kunst des Gitarre-Spielens an die nächste Generation weitergibt. Umso mehr freut es uns, dass er sich Zeit für dieses Interview genommen hat.
Hallo Andrea, deine Interpretation der Werke von Castelnuovo-Tedesco wurde weithin für ihre Klarheit und emotionale Tiefe gelobt. Wie leitest du deine Studierenden an, sich solch komplexen Komponist*innen zu nähern, ohne ihre eigene musikalische Stimme zu verlieren?
Ich bin der festen Überzeugung, dass die Auseinandersetzung mit einem komplexen Repertoire nicht die Gefahr birgt, “seine musikalische Stimme zu verlieren” – vorausgesetzt, das Repertoire wird gut verstanden und die Stimme des*der Studierenden ist mit Bedacht kultiviert und entwickelt worden, anstatt nur instinktiv zu sein. In erster Linie besteht meine Aufgabe als Lehrer darin, die Studierenden bei der Entdeckung ihrer eigenen musikalischen Ideen und Persönlichkeit zu begleiten. Dies ist natürlich etwas zutiefst Intimes und eng mit der eigenen Vorstellungskraft und inneren Resonanz verbunden. Gleichzeitig ist es etwas, das mit vollem Bewusstsein kultiviert und durch kulturelle Tiefe und eine solide Grundlage in der interpretatorischen Tradition bereichert werden muss. Diese Reise ist wunderschön komplex – und zutiefst faszinierend –, aber sie widersteht der schnelllebigen, oft oberflächlichen Logik der heutigen Social-Media-Kultur. Wie hilfst du den Studierenden, oberflächliche Ansätze zu vermeiden und sich auf einer tieferen Ebene mit der Musik zu verbinden? Eine der größten Gefahren, denen wir heute, in einer von ständigen Informationsströmen und “Inhalten” (unterschiedlicher Qualität) gesättigten Ära, ausgesetzt sind, ist die Entwicklung einer Art “savoir faire”, dem eine echte kulturelle Grundlage fehlt. Dies kann zu einer gewissen unbewussten Festlegung führen, die eine tiefgreifende Personalisierung des musikalischen Textes verhindert – ganz einfach, weil der Text selbst vielleicht nicht richtig verstanden wurde. In solchen Fällen wird die Freude an der Interpretation und am Ausdruck der eigenen Stimme nie voll verwirklicht, und der Interpretationsprozess wird zu etwas Mechanischem – fast wie ein Verwaltungsakt – und lässt keinen echten Raum für die Entfaltung der Persönlichkeit des*der Musiker*in.
Welche praktischen Schritte würdest du zum Beispiel Studierenden vorschlagen, die sich mit den komplexeren Werken von Castelnuovo-Tedesco auseinandersetzen möchten?
Wenn sich Studierende beispielsweise an ein formal komplexes Werk von Mario Castelnuovo-Tedesco herantasten möchten – wie die Sonate “Omaggio a Boccherini” oder die Passacaglia “Omaggio a Roncalli” – ermutige ich sie oft, mit kürzeren, weniger komplexen Stücken desselben Komponisten (wie den Appunti, Grußkarten, Preludi Mediterranei oder seiner Kammermusik) oder Werken seiner Zeitgenoss*innen zu beginnen. Auf diese Weise können sie nach und nach ein tieferes Verständnis für die Sprache des Komponisten entwickeln, was eine bewusstere und persönlichere Interpretation ermöglicht – eine, die ihre Individualität harmonisch mit dem Reichtum der Musik verbindet.
Deine jüngsten Projekte scheinen ein wachsendes Interesse am zeitgenössischen Repertoire widerzuspiegeln. Kannst du uns mehr darüber erzählen, wie dieser Schwerpunkt deinen Unterricht beeinflusst und wie du deine Studierenden ermutigst, sich neben dem klassischen Kanon auch mit n*euer Musik zu beschäftigen?
Erfahrungen mit zeitgenössischer Musik – wie auch mit Improvisation und Komposition – machen jede*n Musiker*in bewusster für den eigenen musikalischen Ansatz und, was am wichtigsten ist, freier darin, diesen zum Ausdruck zu bringen. Ich habe oft festgestellt, dass, wenn ich Studierende ermutige, aus ihrer Komfortzone herauszutreten, sich das auch positiv auf das traditionelle Repertoire auswirkt, das sie dann mit umso größerer Überzeugung und Energie angehen.
Welche Aspekte des Unterrichtens von Gitarrenschüler*innen haben sich deiner Meinung nach im Vergleich zu der Zeit, in der du selbst Schüler warst, verändert?
Heute ist es schwieriger geworden, Begeisterung und Freude am Musizieren zu wecken und aufrechtzuerhalten – sowohl aufgrund der Art von Gesellschaft, in der wir leben, als auch manchmal aufgrund der Art und Weise, wie Musik unterrichtet wird und wie der Beruf wahrgenommen wird. Es besteht mehr denn je ein großes Bedürfnis nach Kultur und Kreativität. Ich glaube, dass dies eine der größten Herausforderungen ist, vor denen jede*r Lehrer*in heute steht: die Schüler*innen nicht nur dazu zu inspirieren, ihr Instrument zu beherrschen, sondern auch wirklich mit der Leidenschaft und der Bedeutung hinter der Musik verbunden zu bleiben.
Wenn du einen Satz auf ein Plakat drucken lassen könntest, das in riesiger Auflage bei allen (klassischen) Musik-Festivals der Welt hängen würde. Welcher wäre das?
Etwas, das wir heute wirklich brauchen, über gegenseitigen Respekt und Hoffnung: Lasst die Musik zum Klang der Menschlichkeit werden.
FEEL-GOOD-MELODIE DER WOCHE
mit Sinkane
Eine beschwingte und positive Melodie! Da hat man gleich Lust, morgens aus dem Bett zu springen. Oder mitten am Tag mal in den Himmel schauen. Stress? Bad News? Kurz die Kopfhörer auf, die Haare in den Wind und aufgesprungen auf den Zug der guten Laune!
Unsere Feel-good-Melodie der Woche!
OUTRO
Vielen Dank fürs Lesen! Checkt unsere Playlist zum Newsletter (Link weiter unten). Seid gut zueinander.
Wir hören und lesen uns!
Stefan & Willi
New Classical Guitar ist ein Newsletter von Willi Leinen und Stefan Degel von TMBM. Unsere Musik und weitere Infos zu unserem Werdegang findet ihr unter t-m-b-m.com
Auf Spotify kuratieren wir eine Playlist mit unseren Lieblingsstücken. Ihr könnt unserer New Classical Guitar Playlist unter https://open.spotify.com/playlist/3ZwxJRAsW9Zs2JiS2eLy6a?si=9b2a737f01c043a4 folgen und uns gern neue Empfehlungen schicken.