Hey!

Der Mai ist schon fast passé und wir starten mit Sergei Rachmaninow majestätisch, dramatisch und mit starken Emotionen in den Juni. Im Kontrast dazu steht unser Album der Woche, das wie eine ruhige Umarmung wirkt, und wer schon immer wissen wollte, wie man eine kleine Tour selbst organisiert, findet im Gespräch mit Ladislav Pasdera hilfreiche Antworten.

Die Morgenroutine bis zur nächsten Ausgabe kommt – in Form kurzer Etüden – wie immer von Leon Albert und mit der Feel-good-Melodie versuchen wir schließlich die Rachmaninowsche Schwere vom Anfang am Ende der Ausgabe wieder etwas auszubügeln. Wobei, leicht ist das im technischen Sinne auch nicht: Der in New York lebende Komponist Alexander Liebermann transkribiert hier minutiös den Gesang einer Amsel und performt wird das Ganze im zweiten Teil dann pfeifend vom Notentext. Das macht nicht nur Laune, sondern übt auch das Gehör und schult das Rhythmusgefühl. (Einfach) mal versuchen nachzupfeifen. Ihr werdet merken, der Vogel singt und komponiert neben Dreiklängen sogar eine harmonische Folge auf modaler Basis.

Jetzt aber viel Freude beim Lesen und Auschecken,

Stefan und Willi.

YOUTUBE-FUND DER WOCHE
mit Edith Pageaud

Düster, dramatisch, majestätisch, melancholisch. Mit diesen vier Adjektiven ist die Grundstimmung des Preludes in Cis-Moll von Sergei Rachmaninow hinreichend skizziert. Das schwere Glockenmotiv, gebrochen von den virtuosen Läufen und den gewaltigen akkordischen Klangmassen im Mittelteil, kehrt gegen Ende zurück, erscheint je nach Interpretationsart in anderem Licht als am Anfang. Resignativ, noch verzweifelter?

Die besondere Herausforderung, dieses Stück auf Gitarre zu übertragen, liegt mit Sicherheit in der Tatsache, dass die Gitarre im Vergleich zum Piano weniger Lautstärkereserven mitbringt. Ganz zu schweigen von der Schwierigkeit, das Klanggewicht und das Bassfundament durch Oktavierung, gekonnte Auslassung et cetera zu erhalten, um dem geringeren Tonumfang der Gitarre Genüge zu tun. Und das alles, ohne den musikalischen Charakter zu vernachlässigen …

Klingt nach Herausforderung? Jupp! Klingt nach unmöglich? Nein.

Schaut euch einfach an, wie Edith Pageaud das in ihrem eigenen Arrangement umgesetzt hat. Fantastisch nämlich. Unser Video der Woche.

PS: Wer mehr zum Arrangieren komplexer (Klavier-) Werke erfahren möchte, dem sei hier unsere monothematische Ausgabe 10 nochmal ans Herz gelegt, in der der fantastische Arrangeur und Gitarrist Daniel Göritz die Tür in diese Welt des Arrangierens ein ganzes Stück weit aufmacht.

ALBUM DER WOCHE
mit Kevin Seddiki

Vorab schon mal: Gönnt euch dieses Album!

Macht euch einen Kaffee, setzt euch vors Fenster, geht in den Park oder schließt einfach die Augen, startet den dritten Track „Mornings“ und merkt, wie euch alles Schöne dieser Welt umarmt.

Es ist schon fast unverschämt, wie spielerisch leicht Kevin Seddiki einen um den Finger wickelt.

Schwer zu greifen, was da stilistisch alles passiert. Weltmusik, Klassik, Jazz. Ist auch nicht so wichtig, das zu benennen. Weil die Szenen, die er mit seiner Musik zeichnet, so intensiv sind, dass man sich einfach nur in den Flow fallen lassen möchte. Ohne alles, was da musikalisch so passiert, greifen zu wollen. Wer das dennoch tun möchte, wird ebenso reich beschenkt – mit feinen technischen Nuancen, Klangfarben, Inspiration für Arrangement und Komposition.

Wir haben die Platte mehrmals rauf und runter gehört und die Bilder vor dem inneren Auge haben sich bislang nicht erschöpft. Sieht ganz so aus, als würde Cenotes de Oro zu einem Dauerbrenner in unserer Sammlung avancieren.

Einfach richtig schön!

Und by the way: Der Trackliste so einen Rahmen zu geben, hat schon was von goldener Sahne auf der Torte.

Enjoy!

MORGEN-ROUTINE
Auf einen Kaffee mit Leon Albert

Hi Leon, was ist die Routine für diese Woche?

Stumme Fingerwechsel. Wenn sie nötig sind, kann einen das schon wütend machen, aber man darf sich nichts anmerken lassen. Ich bitte um Entschuldigung!

KNOW-HOW
mit Ladislav Pazdera

Ladislav Pazdera ist nicht nur ein super Gitarrist, der sehr schöne Musik für unser Instrument schreibt, sondern auch ein ausgesprochen angenehmer Zeitgenosse. Wer ihm begegnet, merkt schnell: Hier spricht jemand, der mit echter Leidenschaft musiziert – und dabei zugleich eine wohltuende Ruhe und Offenheit ausstrahlt. In der Interpretation seiner eigenen Stücke verbindet er seine technischen Fähigkeiten mit einem feinen Gespür für Klangfarben und Stimmungen.

Ladislav hat unlängst eine selbstorganisierte kleine Tour durch Italien gespielt. Wir wollten wissen, wie er das organisiert hat. Vielleicht plant der*die ein oder andere von euch ja Ähnliches. Danke Ladislav, dass du dir die Zeit genommen hast, unsere Fragen zu beantworten.

Hi Ladislav, du hast gerade eine selbstorganisierte Mini-Tour durch Italien gespielt! Unter anderem in kleinen, charmanten Locations wie einem Bücherladen! Was war für dich das Besondere an dieser Tour?
Vieles, um ganz ehrlich zu sein! Es gab insgesamt 7 Konzerte, davon fanden 5 in Italien statt. Es war das erste Mal, dass ich in Italien aufgetreten bin, und da ich Italien sehr mag, war es für mich persönlich sehr schön, eine kleine Tour dort spielen zu können. Weil ich auch bewusst Städte gewählt habe wie Rom, Florenz oder Siena, war es einfach von der Route her schon ein sehr besonderes Erlebnis.

Mochtest du eine der Locations besonders? Oder kannst du von einem besonderen Moment berichten?
Alle Locations waren sehr unterschiedlich und deshalb ist es schwer, sie zu vergleichen. Das will ich am Ende auch gar nicht. Aber das erste Konzert, was im Six Bars Jail in Florenz stattfand, war schon etwas Spezielles. Es ist eine Location mit einem wunderbaren Ruf unter Gitarrist*innen und tatsächlich ist es ein Ort an dem ich mich sehr wohl gefühlt habe. Das Publikum dort war sehr herzlich und responsiv. Nach dem dritten Konzert habe ich realisiert, dass es in Italien bei jedem Konzert solches Publikum gibt, und das war definitiv ein wunderbarer Moment für mich.

Wie bist du das Planen und das Booking angegangen?
Relativ klassisch. Ich hatte ein Konzert, mit dem die ganze Tour-Planung begonnen hat, und die anderen Konzerte habe ich so organisiert, dass logistisch und zeitlich alles gut funktioniert. Das Booking an sich fand aber ausschließlich per E-Mail statt, da ich kein italienisch spreche, und so konnte es zu keinem Missverständnis kommen. Google Translator war mein bester Freund beim Booking. :)

Wenn Du zurückblickst – hattest du eine gute Zeit, würdest du es nochmal so machen und welches Land kommt als Nächstes?
Ich hatte eine wunderbare Zeit und ich freue mich sehr, wieder zurückzukehren. Ich habe sogar schon einige Daten im Kopf und da die Reaktion auf die Konzerte seitens der Veranstalter wirklich gut war, sollte eine weitere Tour in Italien bald folgen. Außerdem würde ich sehr gerne z. B. in Portugal oder Spanien spielen. Mal schauen, wie mir das gelingt …

Wenn du einen Satz auf ein Plakat drucken lassen könntest, das in riesiger Auflage bei allen (klassischen) Musik-Festivals der Welt hängen würde. Welcher wäre das?
Enjoy the music today, think about it tomorrow.

Mehr über Ladislav Pazdera:
https://www.lpazdera.com/

FEEL-GOOD-MELODIE DER WOCHE
mit Alexander Liebermann

Eine beschwingte und positive Melodie! Da hat man gleich Lust, morgens aus dem Bett zu springen. Oder mitten am Tag mal in den Himmel schauen. Stress? Bad News? Kurz die Kopfhörer auf, die Haare in den Wind und aufgesprungen auf den Zug der guten Laune!

Unsere Feel-good-Melodie der Woche!

OUTRO

Vielen Dank fürs Lesen! Wir selbst haben wieder jede Menge neuer Musik und Artists entdecken können! Checkt unsere Playlist zum Newsletter (Link weiter unten).

Seid gut zueinander.

Wir hören und lesen uns! 
Stefan & Willi

New Classical Guitar ist ein Newsletter von Willi Leinen und Stefan Degel von TMBM. Unsere Musik und weitere Infos zu unserem Werdegang findet ihr unter t-m-b-m.com

Auf Spotify kuratieren wir eine Playlist mit unseren Lieblingsstücken. Ihr könnt unserer New Classical Guitar Playlist unter https://open.spotify.com/playlist/3ZwxJRAsW9Zs2JiS2eLy6a?si=9b2a737f01c043a4 folgen und uns gern neue Empfehlungen schicken.