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Ausgabe 32
In dieser Ausgabe: Antonin Vercellino im Youtube-Fund der Woche, Album der Woche von Elena Ortega, Noten für die Morgenroutine mit Leon Albert, Know-How mit Heiner Donath und die Feel-good-Melodie der Woche mit Meute
Hey!
Das Entdecken ist einer der Hauptmotivatoren für diesen Newsletter und deshalb ist es uns eine große Freude, heute im Video der Woche eine Neuentdeckung von Ida Presti unterbringen zu können.
Außerdem haben wir es in der Kategorie Album der Woche mit jeder Menge Spielfreude zu tun und Spielfreude ist auch immer das Thema bei unserer Morgenroutine mit Leon Albert, der uns wieder mit einer Etüde überrascht, die sportlicher daherkommt, als man meinen möchte.
Spielfreude, aber auch Neugier, Technik und Disziplin sind gefordert, wenn es um Wettbewerbe junger Musiker*innen geht. Zu diesem Thema haben wir Heiner Donath befragen können, der schon lange eng mit dem Anna-Amalia-Wettbewerb in Weimar verbunden ist, und wir sind sehr positiv überrascht, wie offen selbst Fragen zu diesem Thema beantwortet werden können. Alles in Bewegung. Das trifft auch auf die Feel-good-Melodie der Woche mit Meute auf dem Dach der Elbphilharmonie zu.
Aber lest und schaut selbst.
Wir wünschen viel Spaß dabei.
Stefan und Willi
YOUTUBE-FUND DER WOCHE
mit Antonin Vercellino
Lücken zu füllen ist eine spannendere Sache, als manch eine*r denken mag. Denn das hier ist alles andere als ein Lückenfüller. Das Etüden-Konvolut von Ida Presti galt lange als sechsteilig, doch die nun vorliegende siebte Etüde, 2025 ediert von Isabelle Presti, Thibaut Garcia und Antonin Vercellino, rückt das Bild diesbezüglich zurecht. Allerdings: Was hier „Etüde“ heißt, ist eher ein kleines, formoffenes Charakterstück, das wunderbar prélude-haft wirkt.
Zu Beginn hört man eine sangliche Oberstimme, die sich in weiten Legatobögen entfaltet, darunter eine zart pulsierende Begleitung, die in der Harmonik spätromantisch bis impressionistisch gefärbt ist. In der Étude 7 wird die Gitarre vom Klang her gedacht. Das ist viel mehr als eine Fingerübung. Mega. Schaut’s euch an.
ALBUM DER WOCHE
mit Elena Ortega

Neues oder weniger bekanntes Repertoire abseits des klassischen Mainstreams für unser liebstes Instrument zu entdecken, gehört sicher zu einem unserer stärkeren Antriebe für diesen Newsletter.
Ist es nicht wundervoll, welche schier unendliche Fülle an Möglichkeiten, sich musikalisch auszudrücken und mitzuteilen, uns die Gitarre bietet?
Elena Ortega hat uns mit ihrer aktuellen Platte Luz tras la oscuridad Licht in unsere Ohren gezaubert. Super delikat, was sie da an interpretatorischen Fähigkeiten, glasklarem Ton und Spielfreude für uns bereithält.
Neben geläufigen Namen wie Pujol, Albeníz, Domeniconi oder Assad präsentiert sie auch ihren spanischen Landsmann Vicent Asencio i Ruano und den kubanischen Gitarristen Eduardo Martín. Juan Erena Mármols Carta a Lucina steht in seiner Schönheit beispielhaft für das Album und macht Lust, sich den nachfolgenden Titeln hinzugeben!
Gönnt euch diesen Sonnenstrahl an Gitarrenkunst!
MORGEN-ROUTINE
Auf einen Kaffee mit Leon Albert

Hi Leon, was ist die Routine für diese Woche?
Sportliche Routinen abseits des Instruments sind derzeit eine große Bereicherung für mich. Ich mag besonders Ausdauer-Sachen, bei denen ich durch gleichbleibende Bewegung und Rhythmus ohne viel Veränderung fast in Trance oder eine Art Meditation gerate. Die Rückübertragung auf die Gitarre hat mich dazu bewegt, jetzt doch noch ein Stück mit perkussiven Elementen zu schreiben, was ich in diesem Leben nicht mehr von mir erwartet hätte. Sport frei!
KNOW-HOW
mit Heiner Donath

Wie verändert sich der Blick auf die musikalische Entwicklung junger Musiker*innen, wenn man einen Jugend-Wettbewerb seit Jahren aus nächster Nähe begleitet? Heiner Donath ist Vorsitzender des Gitarrevereins Weimar, eng mit dem Anna-Amalia-Wettbewerb verbunden. Seit Mai 2025 leitet er außerdem die Jugendmusikschule Südlicher Breisgau.
Im Interview geht es darum, was junge Musiker*innen von Wettbewerben mitnehmen – musikalisch, persönlich, im Austausch miteinander. Außerdem tasten wir uns an Themen heran wie: Welche Förderung trägt im jeweiligen Moment, wie lassen sich Disziplin und Technik sinnvoll mit Spielfreude und Neugier verbinden, und welche Erlebnisse haben Heiner selbst in seiner Zeit als sehr junger Musiker geprägt – inklusive eines Satzes, der auch auf jedes unserer noch fiktiven Festival-Plakate passen würde. Wir sind sehr froh, dass sich Heiner die Zeit für unsere Fragen genommen hat.
Hallo Heiner, beim Anna-Amalia-Wettbewerb kommen junge Musiker*innen aus verschiedenen Ländern zusammen. Welche Erfahrungen nehmen sie von dort mit – musikalisch, persönlich, vielleicht auch im Austausch untereinander?
Das sollte man die Teilnehmerinnen am besten selbst fragen… Ich weiß aber aus vielen Rückmeldungen, dass für viele schon ein Auftritt im wunderbaren Saal des Musikgymnasiums Schloss Belvedere in Weimar ein Erlebnis ist. Außerdem wird jedem*jeder Teilnehmer*in künstlerische und persönliche Wertschätzung entgegengebracht. Und natürlich kann der viel beschworene "Blick über den Tellerrand" entscheidend für die weitere Entwicklung sein – Bestätigung, wenn man einen Preis bekommt, oder Ansporn, wenn man diesmal (noch) nicht unter den Preisträger*innen war.
Wie erkennt man, welche Form von Förderung für ein musikalisch interessiertes Kind im jeweiligen Moment sinnvoll ist – gerade wenn es sich besonders intensiv mit Musik beschäftigt?
Das lässt sich schwer sagen, da braucht man eben ein pädagogisches Gespür. Wichtig ist, dass man immer beobachtet, ob die aktuelle Förderung (ich meine damit keine monetäre) eine positive Entwicklung bewirkt. Das kann sich auch schnell ändern, was heute gut ist, kann in einem halben Jahr schon nicht mehr tragen. Das ist vielleicht vergleichbar mit einem Arzt, der eine Medizin verschreibt: Dieser muss auch schauen, ob sie die gewünschte Wirkung (oder auch Nebenwirkungen) entfaltet, und sie kann bei "Dauereinnahme" auch an Wirkung verlieren…
Welche Rolle spielen Technik und Disziplin einerseits, Spielfreude und Neugier andererseits in der musikalischen Entwicklung junger Gitarrist*innen?
Das ist individuell sehr verschieden. Disziplin ist in jedem Fall sehr wichtig, aber Technik darf niemals Selbstzweck sein. Ich selbst habe Technikprogramme eher gehasst, zumal man sie eigentlich nie 1 zu 1 im Stück umsetzen kann. Meiner Erfahrung nach üben junge Menschen Technik erst, wenn es sich nicht vermeiden lässt, d. h. einen spürbaren Mehrwert bzw. Fortschritt bringt. Für die musikalische (und damit auch spieltechnische) Entwicklung halte ich Spielfreude und Neugier wichtiger, und wenn jemand ein eigentlich noch zu schwieriges Stück unbedingt spielen können will, kann das einen enormen Motivations- und Entwicklungsschub bewirken. Die entscheidende Frage ist also, wie es gelingt, die jungen Gitarrist*innen bzw. Musiker*innen immer wieder zu motivieren…
Erinnerst du dich an eine prägende / dich begeisternde Erfahrung aus deiner eigenen Kindheit oder Jugend im Zusammenhang mit Musik oder Gitarre?
Anlässlich der 1. Chorsinfonischen Festtage Jena – vom damaligen Chefdirigenten der Jenaer Philharmonie Günter Blumhagen Ende der 70er Jahre organisiert, gab es ein Schülerkonzert mit anschließender Gesprächsmöglichkeit mit Musiker*innen. Sowohl das Konzert als auch das persönliche Gespräch mit dem Dirigenten des Gastchores "Vox Humana" aus Ungarn haben mich so begeistert, dass ich zum einen fast alle weiteren Konzerte des Festivals besucht habe (ich muss damals so 12/13 Jahre alt gewesen sein) und ich zum anderen davon träumte, Dirigent zu werden. Betreffs Gitarre war es eine Schallplatte von Julian Bream, welche ich anlässlich meiner ersten Wettbewerbsteilnahme von meinen Eltern erhielt.
Wenn du einen Satz auf ein Plakat drucken lassen könntest, das in riesiger Auflage bei allen (klassischen) Musik-Festivals der Welt hängen würde. Welcher wäre das?
Musik ist mehr als eine Ansammlung richtig gespielter Töne.
FEEL-GOOD-MELODIE DER WOCHE
mit Meute @ Elbphilharmonie Hamburg
Eine beschwingte und positive Melodie! Da hat man gleich Lust, morgens aus dem Bett zu springen. Oder mitten am Tag mal in den Himmel schauen. Stress? Bad News? Kurz die Kopfhörer auf, die Haare in den Wind und aufgesprungen auf den Zug der guten Laune!
Unsere Feel-good-Melodie der Woche!
OUTRO
Vielen Dank fürs Lesen! Anregungen und Anmerkungen gerne direkt als Antwort auf diesen Newsletter. Neue Musikentdeckungen – auch von Artists, über die wir in der heutigen Ausgabe geschrieben haben – wie immer in unserer Spotify-Playlist zum Newsletter, die wir weiter unten verlinkt haben.
Seid gut zueinander.
Wir hören und lesen uns!
Stefan & Willi
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New Classical Guitar ist ein Newsletter von Willi Leinen und Stefan Degel von TMBM. Unsere Musik und weitere Infos zu unserem Werdegang findet ihr unter t-m-b-m.com
Auf Spotify kuratieren wir eine Playlist mit unseren Lieblingsstücken. Ihr könnt unserer New Classical Guitar Playlist unter https://open.spotify.com/playlist/3ZwxJRAsW9Zs2JiS2eLy6a?si=9b2a737f01c043a4 folgen und uns gern neue Empfehlungen schicken.