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Ausgabe 33
In dieser Ausgabe: Noa Drezner im Youtube-Fund der Woche, Album der Woche von Pavel Steidl, Noten für die Morgenroutine mit Leon Albert, Know-How mit Leon Albert und die Feel-good-Melodie der Woche mit Tash Sultana
Hey!
Flamenco im Oktober tut fast genauso gut wie ein zeitloses Album von Pavel Steidl oder das Vergnügen, sich nicht nur auf einen Kaffee und eine Etüde, sondern darüber hinaus auf ein ganzes Interview mit Leon Albert einzulassen. Um den Wohlfühlfaktor schließlich um Faktor hundert zu erhöhen, haben wir für die Feel-good-Melodie der Woche auch nochmal was zauberhaft Lässiges gefunden: Tash Sultana.
Macht euch einen Tee, Kaffee und/oder lehnt euch einfach zurück, wo immer ihr auch gerade seid, und genießt einen großen Schwung wunderbarer Musik.
Wir wünschen viel Spaß beim Lesen, Hören, Schauen und … einen golden Oktoberanfang!
Stefan und Willi
YOUTUBE-FUND DER WOCHE
mit Noa Drezner
In unserem Video der Woche empfehlen wir euch heute eine Prise Flamenco. Wir empfehlen euch Noa Drezner! Die israelische Gitarristin spielt eine Granaina, eine ruhige, fast melancholische Form des Flamenco aus Granada. Die Musik lebt von langen, gesanglichen Linien, klaren Arpeggien und Bordóns, die die Melodie sanft tragen.
Das Schöne: In ihrem Spiel bekommt jede Phrase Raum: Rasgueados, Arpeggien und die Basssaiten verbinden sich zu einem fließenden Eindruck, der leicht und lebendig wirkt. Man merkt sofort, wie viel Freude und Präzision Noa in jeden Ton legt.
Allen, die Flamenco-Gitarre mögen oder einfach neugierig sind, wie die ruhigeren Seiten des Flamenco klingen, sei das Video wärmstens ans Herz gelegt, gerade in der (zumindest bei uns in Berlin) kälter werdenden Jahreszeit. Reinschalten, Zuhören und sich von der Granaina tragen lassen.
ALBUM DER WOCHE
mit Pavel Steidl

Dass der Gitarrist Pavel Steidl das “Feeling” in Person ist, sollte hinlänglich bekannt sein. Egal was er interpretiert, er tut es auf seine ganz eigene, außergewöhnlich geschmackvolle Art. Dabei entlockt er der Gitarre immer wieder Sounds, die man so vermeintlich noch nicht gehört hat. Erfinderisch bis ins kleinste Detail!
Genau darauf hatten wir es abgesehen, als wir seine Platte …a Ty Taky Jdi Do Ithaky… aus dem Regal holten.
Diese beginnt schon mit einem Kracher von Carlo Domeniconi, auf den man sich gerne einlassen kann. Die folgenden Präludien von Pavels Landsfrau Jana Obrovskà entführen in Zwischenwelten – mal verträumt, suchend, mal spielerisch aufgedreht. Hört euch die der Reihe nach am Stück durch. Es wäre sonst schade um den so gut geführten Spannungsbogen.
Und dann noch unbedingt empfehlenswert: “Lístek Odvanutý” (Ein verwehtes Blatt) von Leoš Janáček. Eine liebevolle musikalische Zeichnung in den herbstlich-goldenen Abendhimmel.
Und das Beste zum Schluss: “…a Ty Taky Jdi Do Ithaky…” vom Maestro selbst. Ohne Worte. Pavel Steidl at its best.
Uneingeschränkte Hörempfehlung!
MORGEN-ROUTINE
Auf einen Kaffee mit Leon Albert

Hi Leon, was ist die Routine für diese Woche?
Meine alten Bekannten treffen und schöne Momente genießen.
Anmerkung der Redaktion:
Diesmal brechen wir aus der Routine aus und stellen eines von Leons Präludien für den erweiterten Bekanntenkreis vor. Mit seinen 24 Präludien hat Leon Albert ein außergewöhnliches Projekt für die klassische Gitarre geschaffen: neue Konzertmusik, die das Instrument einmal durch alle Dur- und Molltonarten führt. Damit öffnet er den Blick auf Klangräume, die in der Gitarrenliteratur oft etwas zu kurz kommen. Zwischen stillen Balladen und virtuosen Showstücken entsteht Musik, die gleichermaßen für Bühne und Wohnzimmer funktioniert, für Profis ebenso wie für alle, die gerne tiefer einsteigen möchten. Jedes Stück erzählt seine eigene kleine Geschichte, und trotzdem gehört alles zu einem großen Ganzen.
Mit freundlicher Genehmigung von Acoustic Music Books.
KNOW-HOW
mit Leon Albert

©Hendrik Schacht
Für unsere Rubrik „Morgenroutine“ schreibt Leon Albert regelmäßig kleine Etüden, Originalstücke, die technische Anregung und musikalische Idee in wenigen Takten zusammenbringen. Grund genug, ihn euch einmal näher vorzustellen.
Im Gespräch erzählt Leon, warum ihn das Format der Miniaturen so reizt, wie daraus eine Art kreatives Training zwischen Komposition und Instrumentaltechnik entsteht – und wie seine größeren Projekte, etwa die 24 Präludien für den erweiterten Bekanntenkreis, mit dieser Arbeit zusammenhängen. Außerdem geht es um das Verhältnis von Technik und Inspiration, den Mut zur Improvisation … und natürlich um den Satz, den er am liebsten auf jedes Festival-Plakat drucken würde.
Hi Leon, du hast für unsere „Morgenroutine“-Rubrik schon eine ganze Reihe kleiner Etüden geschrieben. Was reizt dich daran, regelmäßig kurze Stücke zu entwickeln, die überschaubar und eigenständig künstlerisch zugleich sind?
Ja, genau, und es sei bei dieser Gelegenheit erwähnt, dass es eine große Ehre für mich ist und mir überdies sogar Vergnügen bereitet. Das Reizvolle wird in der Frage im Prinzip schon aufgezählt. Beim Komponieren bin ich ohnehin oft von zu vielen Möglichkeiten überfordert und liebe es daher, mir selber einschränkende Vorgaben zu machen. Die Aufgabenstellung für den Newsletter ist daher perfekt für mich. Kurze Stücke entsprechen außerdem vielleicht eh immer mehr dem Zeitgeist der (leider) schwindenden Aufmerksamkeitsspannen und sind daher ein wichtiges Training für Komponist*innen. Hinzu kommt auch der Anreiz des eigenen Übens. Sich für Herausforderungen am eigenen Instrument selber entsprechende Musik zu schreiben, regt für mich den Flow an und hilft mir enorm.
Wie unterscheidet sich für dich das Schreiben solcher „Etüden im Miniaturformat“ von größeren Projekten wie deinen Präludien für den erweiterten Bekanntenkreis? Gibt es da einen anderen Fokus oder eine andere Haltung beim Komponieren?
Also meine 24 Präludien sind zwar auch allesamt eher kurze Stücke von ein bis drei Minuten, aber das ganze Projekt unterscheidet sich trotzdem stark von den Etüden. Hier gab es die selbst gewählte Herausforderung, für jede Dur- und Molltonart ein Stück zu schreiben, weil die klassische Gitarre ja sonst oft sehr in bestimmten Lieblingstonarten bleibt. Es handelt sich um ein über Jahre geplantes und erarbeitetes Album, das ich auf CD, digital zum Hören, aber auch auf YouTube und in Form eines Notenbuchs veröffentlicht habe. Es gibt eine übergeordnete musikalische Gesamtform, die Stücke beziehen sich aufeinander (Dur und Moll gehören z. B. immer paarweise zusammen, auch die Titel) und gehen in der Reihenfolge ineinander über, wobei Ideen stetig weiterverarbeitet werden.
Wenn du an Etüden denkst: Geht es dir dabei mehr um technische Aspekte (z. B. bestimmte Bewegungen, Lagen, Klänge) oder um kleine musikalische Ideen, die du kompositorisch durchspielst?
Ganz klar beides. Es sind Etüden für mich als Gitarrist, aber auch als Komponist. Ich will damit nicht nur das Spielen üben, sondern auch das Schreiben. Und am liebsten gleichzeitig auch noch Musik machen, also nicht der reinen Technik verfallen. Das ist dabei vermutlich die größte (und schönste) Herausforderung.
Was sollen Gitarrist*innen idealerweise aus diesen Etüden mitnehmen – ein handfestes technisches Werkzeug, ein Stückchen musikalische Inspiration oder vielleicht beides?
Hier wünsche ich mir gleich nochmal beides. Ich denke oder hoffe, dass bei einigen Etüden gut nachvollziehbar ist, wie ich die Ideen verarbeite und weiterspinne, sodass bei der Interpretation nicht nur für die eigene Spieltechnik, sondern eben auch für das eigene Komponieren etwas Inspiration mitgenommen werden kann. Oder – und das würde mich besonders freuen – auch für die eigene Improvisation. Mehr Mut zur Impro tut der Klassik bestimmt gut. Muss ja gar nicht auf der Bühne sein – viele meiner besten Ideen für Stücke entstehen in Improvisationen zu Hause im stillen Kämmerlein. In seltenen Momenten entstehen so sogar komplette Stücke, an besonders guten Tagen.
Wenn du einen Satz auf ein Plakat drucken lassen könntest, das in riesiger Auflage bei allen (klassischen) Musik-Festivals der Welt hängen würde. Welcher wäre das?
Schamlose Werbung, aber auch was für die Konservativen: "Spielt mal was Neues – kauft meine Noten!"
FEEL-GOOD-MELODIE DER WOCHE
mit Tash Sultana
Eine beschwingte und positive Melodie! Da hat man gleich Lust, morgens aus dem Bett zu springen. Oder mitten am Tag mal in den Himmel schauen. Stress? Bad News? Kurz die Kopfhörer auf, die Haare in den Wind und aufgesprungen auf den Zug der guten Laune!
Unsere Feel-good-Melodie der Woche!
OUTRO
Vielen Dank fürs Lesen! Anregungen und Anmerkungen gerne direkt als Antwort auf diese Ausgabe.
Neue Musikentdeckungen, natürlich auch von Artists, über die wir in der heutigen Ausgabe geschrieben haben, gibt's wie immer in unserer Spotify-Playlist zum Newsletter, die wir weiter unten verlinkt haben.
Seid gut zueinander.
Wir hören und lesen uns!
Stefan & Willi
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New Classical Guitar ist ein Newsletter von Willi Leinen und Stefan Degel von TMBM. Unsere Musik und weitere Infos zu unserem Werdegang findet ihr unter t-m-b-m.com
Auf Spotify kuratieren wir eine Playlist mit unseren Lieblingsstücken. Ihr könnt unserer New Classical Guitar Playlist unter https://open.spotify.com/playlist/3ZwxJRAsW9Zs2JiS2eLy6a?si=9b2a737f01c043a4 folgen und uns gern neue Empfehlungen schicken.