Ausgabe 8

In dieser Ausgabe: Margaret Caltabiano, Noten von Fabian Zeller, Das Album der Ausgabe von Davisson Duo, und tolle Musik von SONUS Guitar Trio

Hey!

Obgleich wir immer nach einem roten Faden in jeder Ausgabe suchen, gehen wir heute das erste Mal monothematisch an diesen Newsletter heran. Allerdings hat uns die selbstauferlegte Einschränkung „Young Artists only“ für diese Ausgabe trotzdem sehr vielfältige Musik gebracht.

Bevor wir loslegen, möchten wir euch ganz lieb dafür danken, dass neben dem Newsletter auch unsere „New Classical Guitar“-Playlist auf Spotify stetig wächst. Ihr könnt der Playlist gerne folgen, uns Ideen dafür schicken und natürlich weiterempfehlen – genau wie diesen Newsletter! 

Danke euch! So, jetzt geht’s los!

Viel Spaß dabei
Stefan & Willi

YOUTUBE-FUND DER AUSGABE
Margaret Caltabiano spielt Hika by Leo Brouwer

Hoppla, Tōru Takemitsu oder Leo Brower? Angenommen, man hörte dieses Stück zum ersten Mal. Dann gäbe es zu Anfang einige Passagen, bei denen man sich stets umentscheiden müsste, aus welcher Feder die Komposition denn stammt. Takemitsu? Brouwer?

Ist ja auch eine Hommage des Letzteren (Brouwer) an die musikalische Sprache des Ersteren (Takemitsu). Schnell wird aber klar: Das ist die Handschrift Leo Brouwers. „Hika“ sollte sicher vielen bekannt sein. Eine wunderschöne Verneigung des kubanischen Komponisten, entstanden nach dem Tod Takemitsus.

An diesem Video gefällt uns – unabhängig von den kompositorischen Verschmelzungen – die Location sehr.  Eine moderne Kunstgalerie. Aber: Ohne dass uns die Ort-Stück-Auswahl auf die Nase gebunden wird. Der Fokus des Videos bleibt mit Ruhe auf der Interpretin, Margaret Caltabiano.

Wir haben uns besonders gefreut, mit wie viel Tiefe und dennoch spielerischer Souveränität Margaret hier agiert, und möchten euch das Video aus vielerlei Hinsicht empfehlen. Video, Interpretin, Komposition, Drehortwahl.

Und weil Margaret noch sehr jung ist (14 Jahre), haben wir ihr in unserer Interview-Kategorie noch ein paar Fragen gestellt, um mal die Perspektive zu wechseln und uns hier stellvertretend in die jüngere Generation an Gitarrer@s hineinzuversetzen. Was treibt sie an? Was hören sie für Musik, wenn sie nicht Gitarre spielen, und was sind ihre Ziele? Drehen wir den Spieß also um, denn vielleicht können die Älteren ja auch von den Jüngeren was lernen!

Das lest ihr weiter unten. 

NOTEN
Fabian Zeller – Ondas nas furnas

Der deutsch-portugiesische Gitarrist und Komponist Fabian Zeller bezeichnet sich selbst als Grenzgänger zwischen den Welten. Seinen bisherigen Weg pflastern ein Meisterklassestudium, DAAD-Stipendium in Brasilien, CD-Veröffentlichungen, u. a. mit seinem weltmusikalischen Soloprogramm “NovoMundo”, und Konzerte über den halben Planeten verteilt. 

Seine künstlerische Identität beschreibt er als Verschmelzung südländischer Spielfreude und der emotionalen Intensität des Fado mit der fundierten Struktur populärer wie auch klassischer Musiktraditionen. In ihm steckt jedenfalls eine scheinbar unversiegbare Quelle an Kreativität, die er regelmäßig anzapft.

Als Mitbegründer und künstlerischer Leiter des „Gitarrenfestival Dresden“ und Pädagoge widmet er sich offensichtlich auch noch intensiv dem Wohlergehen der Gitarren-Community. 

Das Stück in der heutigen Ausgabe trägt den Titel “Ondas nas Furnas" (Wellen am Strand Furnas) und ist Teil einer ganzen Reihe an leicht- bis mittelschweren Gitarrenstücken namens Klangszenen. Es ist dem Strand Furnas gewidmet, der bekannt ist für seine Höhlen. Schafft “Ondas nas Furnas” bei euch auch das Bild, wie die Wellen in Bewegung sind und von Zeit zu Zeit auf die Höhlen prallen?

Den Link zu dem Spielheft hängen wir besten Gewissens an, denn wir sind wirklich angetan von den zeitgemäßen, kurzen und liebevoll komponierten Charakterstücken! Und sie sind nach musikalischen Schwerpunkten wie Artikulation, Klang oder Balance bei Mehrstimmigkeit geordnet.

“Im Fokus stehen Fantasie und Musikalität, sowie das Empfinden von Form und Struktur in der Musik”, schreibt Fabian. Tolle Idee und ebenso toll umgesetzt!

Viel Spaß beim Auschecken – was man mit Powerchords so alles anstellen kann… ;)

Hier der Link zur kompletten Ausgabe von Klangszenen... 
https://www.fabian-zeller.de/produkt/klangszenen/

…und hier findet ihr Videos zu jedem einzelnen Stück daraus:
https://www.fingerprint-download.de/fp8199/

ALBUM DER AUSGABE
Davisson Duo - La Vida Breve

Ganz unabhängig davon, dass Elle Davisson vor ein paar Tagen die International Youth Competition der GFA (Guitar Foundation of America) in Kalifornien gewonnen hat, ist sie im Duo mit ihrem Bruder Jack schon länger auf dem Radar. 

Und letztes Jahr haben die beiden ein fantastisches Album veröffentlicht. La vida breve – das kurze Leben. Zeit scheinen die beiden jungen Talente sich wahrlich nicht lassen zu wollen. Warum auch? Wenn man mit so viel Spielfreude und -fertigkeit ausgestattet ist.

Das Album kommt mit einer ganzen Palette an Farben daher und hört sich leicht und verspielt an. Die Aufnahmen bringen aber auch eine ordentliche Brise Virtuosität mit. Das mag sicher nicht erstaunen: Von Manuel de Falla über Joaquín Rodrigo, Manuel Castelnuovo-Tedesco bis zu Astor Piazzolla ist vieles da, was das Herz in dieser Jahreszeit begehrt. 

Richtig umgehauen hat uns aber vor allem die Interpretation des Duos von „Jorbo“ aus der Suite del Recuerdo von José Luis Merlin. Sehr eloquent gespielt, unter Aufrechterhaltung maximaler Lebensfreude. Die eingesetzten perkussiven Elemente befeuern diesen Eindruck. Das kurze wunderbare Leben.

Hört rein und lasst euch mitreißen. 

KNOW-HOW 
mit Margaret Caltabiano

Wie cool, dass sich Margaret mit ihren jungen 14 Jahren unseren Fragen gestellt hat. Im YouTube-Fund der Ausgabe haben wir ja schon angedeutet, dass wir sehr interessiert an ihrer Sicht auf Dinge sind. Lest selbst, was dabei rausgekommen ist :) 

Hi Margaret, was fasziniert dich an der Gitarre am meisten?

Am meisten fasziniert mich an der klassischen Gitarre, dass man so viele unterschiedliche Klangfarben erzeugen kann – wenn man nur genau hinhört. Das war mir am Anfang gar nicht so klar. Außerdem entdecke ich immer wieder neue Stücke, von denen ich noch nie gehört habe oder noch nicht wusste, dass man sowas auf klassischer Gitarre überhaupt spielen kann. Neben der Klassik gibt es außerdem noch viele andere Stile, in denen Gitarre gespielt wird – auch E-Gitarre –, die ich gerne noch lernen will!

Kannst du dich erinnern, wie du zum Instrument gefunden hast?

Eigentlich habe ich mit E-Gitarre angefangen. Meine Eltern haben mir mal eine geschenkt und dann hat mein Vater mir ein bisschen was gezeigt. Da war ich glaube ich sieben Jahre alt. Irgendwann danach hatte ich dann klassischen Unterricht und war ganz froh, dass ich schon ein paar Akkorde und Rhythmen konnte und nicht nur so langweilige Melodien spielen musste… Ein Lehrer hat mich dann richtig motiviert und ab da habe ich einfach mehr und mehr geübt. E-Gitarre habe ich allerdings lange nicht mehr richtig gespielt. Das müsste ich eigentlich mal wieder machen…

Wie bereitest du dich auf Auftritte oder Wettbewerbe vor und bist du aufgeregt?

Klar bin ich vor Vorspielen aufgeregt, aber ich merke auch, dass es jedes Mal ein bisschen leichter wird, ruhig zu bleiben. Ich bereite mich auf verschiedene Arten vor: Beim Üben probiere ich zuerst nur die Stellen zu spielen, die noch nicht klappen, und das in verschiedenen Geschwindigkeiten und Rhythmen. 

Wenn ich die Frage lese, fällt mir aber auf, dass ich da eigentlich noch besser werden könnte und an vielen Stellen nicht nur die Griffmuster, sondern tatsächlich die Töne oder Akkorde lernen sollte, um wirklich sicher zu sein. Die Komposition halt wirklich verstehen. Zum Glück klappt‘s aber meistens ;)

Kurz vor Konzerten spiele ich oft anderen Leuten oder Freund*innen vor oder mache Aufnahmen, um mir das nochmal anzuhören. Manche Sachen merkt man gar nicht selber beim Spielen. Was mir auch hilft, ist, die Stücke vollständig „im Kopf“ zu singen, um zu testen, ob ich mich wirklich an alles erinnern kann oder sich an manchen Stellen nur die Finger automatisch bewegen… Da verspielt man sich dann ja meistens. Am Konzerttag schlafe ich gerne lange aus und versuche, nicht zu viel zu üben und mir keinen Druck zu machen. 

Was für Ziele hast du für dich und die Gitarre? Was wünschst du dir für deine Zukunft?

Da gibt es so viele Ziele! Ich möchte gerne reisen und meine Gitarre an vielen unterschiedlichen Orten spielen. Im Moment interessiere ich mich für Wettbewerbe und Konzerte. Ich glaube, dass ich da viel Neues lernen kann und mich dadurch weiterentwickle. Außerdem gibt es noch so viel mehr außer Klassik, das glaube ich wichtig ist für moderne Gitarrist*innen. Ich möchte einfach mehr verschiedene Musik spielen können und nicht nur einen Stil. Später könnte ich mir auch vorstellen, mal zu unterrichten, am liebsten an einer Hochschule.

Was sind die ersten 3 Songs auf deiner (Spotify)-Playlist?

Gar nicht so einfach! Ich habe verschiedene Playlists. Hier sind zwei: 

Playlist 1:
(1) NUNC - Goffredo Petrassi  
(2) Piano Concerto No.2 in C Minor, Op.18 - Sergei Rachmaninoff
(3) Solare - Fausto Romitelli 

Playlist 2:
(1) SKINNY - Billie Eilish
(2) Radiohead - No Suprises 
(3) The Smiths - This Charming Man

Wenn du einen Satz für andere junge Gitarrist*innen auf ein Plakat drucken dürftest, das auf jedem Musikfestival der Welt hängen würde, welcher wäre das?

Musik kann die Welt verändern. (Ludwig van Beethoven)

GITARRE UND…
SONUS Guitar Trio spielt Marco de Biasi

Ein dynamisches Feuerwerk in unter drei Minuten. Zum Abschluss haben wir dieses junge Trio mit einem Auszug aus Marco de Biasis Eud Eires für euch rausgesucht. Energisch, präzise, klangvoll, farbenreich, tief in die musikalische Materie eingetaucht… Mit diesen Merkmalen könnte man den musikalischen Inhalt des Videos beschreiben.

Die konzertante Atmosphäre lässt Szenen und Bilder eher vor dem inneren Auge entstehen. Davon jedoch mehr als genug! Es macht davon abgesehen auch einfach nur Spaß, Julia Żarnowska, Jakub Moroziński und Przemysław Religa bei der Arbeit zuzusehen. Die drei haben so viele Details herausgearbeitet! Wir wären ja schon sehr interessiert an einer kompletten Aufnahme dieses Stückes vom SONUS Guitar Trio…

Wer das komplette Stück hören und mitlesen möchte: 
https://www.youtube.com/watch?v=u8GXbrgO9SY

OUTRO

Wir hoffen, ihr hattet Freude beim Lesen der Ausgabe. In zwei Wochen geht es weiter mit einer Ausgabe zum Thema Komponistinnen in der Gitarrenwelt. Darauf gebracht hat uns ein sehr inspirierendes Gespräch mit einer Gitarristin, die wir unlängst treffen konnten. Nur so viel: Es wird sehr viel zu entdecken geben.

Bis in zwei Wochen!
Es grüßen
Stefan & Willi

New Classical Guitar ist ein Newsletter von Willi Leinen und Stefan Degel von TMBM. Unsere Musik und weitere Infos zu unserem Werdegang findest du unter t-m-b-m.com

Auf Spotify kuratieren wir eine Playlist mit unseren Lieblingsstücken. Du kannst unserer New Classical Guitar Playlist unter https://open.spotify.com/playlist/3ZwxJRAsW9Zs2JiS2eLy6a?si=9b2a737f01c043a4 folgen und uns gern neue Empfehlungen schicken.